James 5

Warnung an die Reichen

Jak 5:1. Jakobus wendet sich in scharfen Worten an die Reichen. Das hatten sie auch nicht anders verdient. Sie hatten sich als Widersacher der Armen offenbart, in denen wir den gläubigen Überrest des Volkes Gottes sehen können. Sie zogen sie vor die Gerichte (Jak 2:6). Die Reichen übten Macht über die Armen aus, denn die waren ja von ihnen abhängig. Wenn die Armen in ihrer Armut ihre Wohnungsmiete nicht bezahlen konnten, machten die Reichen eine Rechtssache daraus. Die Richter standen auch auf Seiten der Reichen, denn sie waren bestechlich.

Die Reichen hingen an ihrem Reichtum, sie vertrauten darauf. Dadurch bestand eine Trennung zwischen ihnen und Gott. Das, worauf sie vertrauten, würde ihnen jedoch genommen werden. Das Gericht Gottes würde sie treffen. Im Blick darauf fordert Jakobus die Reichen auf, sich bewusst zu werden, was ihnen bevorstand. Das sollte sie dahin führen, dass sie als Ausdruck von Reue über die Sünden, die sie begangen hatten, weinten und heulten. Wenn sie jetzt noch zur Besinnung kämen, würde dieses Weinen und Heulen zeitlich begrenzt sein. Wenn sie sich nicht bekehrten, würden sie in Ewigkeit weinen und heulen.

Jak 5:2. Jakobus redet sie nicht als „Brüder“ an. Diese Reichen sind Ungläubige, die ihren Reichtum auf unehrliche Weise erworben hatten. Der Reichtum, den sie besaßen, war verfault, und die prächtige Kleidung, die sie trugen (Jak 2:2) und mit der sie angaben, zeigte die Spuren von Mottenfraß. Verfaulter Reichtum bietet gar keinen Halt. Von Motten zerfressene Kleidung gibt keine Wärme.

Diese Heftigkeit von Jakobus in Richtung der Reichen muss seinen Lesern, die zu den zwölf Stämmen gehörten, wohl seltsam in den Ohren geklungen haben. Im Alten Testament war Reichtum im Allgemeinen doch gerade ein Beweis der Gunst Gottes. Hatte Er nicht verheißen, dass sie, wenn sie treu wären, reich gesegnet werden würden (5Mo 28:1-4)? Aber dabei geht es um einen nationalen Segen, den das Volk als Ganzes bekommen würde, wenn sie dem HERRN insgesamt gehorchen würden. Das Volk insgesamt ist jedoch größtenteils dem HERRN untreu geworden. Den Tiefpunkt erreichte es, als es den Herrn Jesus verwarf. Dadurch haben sich die Dinge verändert, und es kann sein, dass ein treuer Gläubiger arm und ein Gottloser reich ist. So war die Lage unter den zwölf Stämmen, an die Jakobus schreibt.

Jak 5:3. Die Reichen in ihrer Torheit meinten, ihr Gold und Silber versetze sie in die Lage, das Leben uneingeschränkt zu genießen. Jakobus zerstört diese Scheinsicherheit vollständig. Der Glanz dieser für die Reichen so wertvollen Materialien war nicht nur verblichen, sondern hatte sich in Rost verwandelt. Jakobus zeigt das Endresultat. Genauso wie Fäulnis und Mottenfraß ist auch Rost ein Zustand, durch den ein Material völlig wertlos wird. Das Rosten ist ein Prozess, der auf völliges Verderben hinausläuft. Alles, was diese Reichen erworben hatten, wird gegen sie zeugen. Gott wird ihnen die Wertlosigkeit der von ihnen gesammelten Schätze zeigen. Diese werden den Beweis für ihr gottloses Leben liefern. Danach werden sie ihren verdienten Lohn im ewigen Feuer empfangen (Off 20:11-15).

Als besonderen Tadel nennt Jakobus, dass sie in den letzten Tagen mit dem Sammeln von Schätzen beschäftigt waren. Es ist an sich schon töricht, für sich Schätze zu sammeln, es ist besonders töricht, das in den letzten Tagen zu tun. Wer so lebt, ist nicht nur egoistisch und gefühllos für die Not anderer, sondern auch kurzsichtig und blind im Blick auf das drohende Gericht, das ihn und seinen Besitz treffen wird. Auch für dich als jungen Gläubigen ist das eine Warnung. Lass dich nicht mit fortreißen und im Ringen nach immer mehr anstacheln. Die Berufung des Christen ist nicht sammeln, sondern geben. Ein Christ zeigt, wer Gott ist, und Gott ist ein Geber.

Wenn Jakobus schon zu seiner Zeit von den letzten Tagen spricht, wie viel mehr gilt das für uns. Es ist niemals Gottes Absicht gewesen, dass die Christen auf der Erde Schätze sammeln. Sieh mal auf das große Vorbild, den Herrn Jesus. Von Ihm liest du, dass Er, obwohl Er reich war, um unsertwillen arm wurde, damit wir durch seine Armut (geistlich) reich würden (2Kor 8:9). Der Diener Elisas, Gehasi, ist ein beredtes Beispiel dafür, wie es nicht sein sollte. Gehasi hatte durch Lüge und Betrug Schätze gesammelt. Er musste hören, dass es nicht Zeit dafür war (2Kön 5:26). Er brauchte seinen Reichtum zwar nicht an Naaman zurückzusenden, aber er bekam den Aussatz Naamans. Die Sucht nach Reichtum macht aussätzig, das heißt, sie führt zu einer Krankheit, die mit dem Tod endet. Der Reiche, der für seinen Reichtum lebt, ist schon lebendig tot.

Jak 5:4. Wie hatten diese Reichen ihre Schätze erworben? Auf äußerst ungerechte Weise. Sie hielten gewöhnlich den Lohn der Arbeiter zurück, die sie in Dienst genommen hatten, um ihre Felder zu bestellen. Sie hatten Einnahmen durch die Tätigkeit der Arbeiter, und sie freuten sich an dem Gedanken, dass auch der Lohn ihrer Arbeiter in ihrer Tasche landete. Sie hielten sich für reich, denn sie dachten doppelten Gewinn einzustreichen. Jakobus stellt ihnen vor, dass sie eine Fehlkalkulation machten. Sie machten die Rechnung nämlich ohne den „Herrn Zebaoth“. Der Herr Zebaoth ist der HERR der Heerscharen. Es ist der HERR in seiner majestätischen Größe als der Anführer eines mächtigen Heeres.

Die Reichen verschlossen die Ohren vor dem Rufen der Armen, die von ihnen benachteiligt wurden, aber die Ohren des Herrn Zebaoth waren nicht verschlossen. Seine Ohren hörten zwei Dinge: Erstens war es der Lohn, den die Reichen unrechtmäßig vorenthalten hatten, der zum Herrn rief, und dann erreichte auch das Geschrei der Schnitter seine Ohren. Der unrechtmäßig vorenthaltene Lohn zeugte vor Gottes Angesicht gegen sie. Durch ihre Handlungsweise waren sie Gesetzesübertreter (3Mo 19:13; 5Mo 24:14; 15), und sie werden als solche gerichtet werden. Gott wird den Klägern, die zu Ihm riefen, Recht geben und auch dafür sorgen, dass sie entschädigt werden.

Jak 5:5. Die Reichen hatten sich übermäßig allem Luxus und aller Genusssucht hingegeben, die die Erde nur zu bieten hat. Sie hatten das auf Kosten der Armen getan. Nichts hielt sie auf, ein solches Leben zu führen. Sie hatten „ihre Herzen gepflegt“. Sie hatten sich von ganzem Herzen diesem liederlichen Leben hingegeben. Das beweist ihre völlige Gleichgültigkeit. Das Gewissen funktionierte nicht mehr. Sie hatten wie die Schweine geschlemmt. Jeder Tag war für sie ein Schlachttag, ein Tag mit Überfluss an Fleisch. Statt mit anderen zu teilen, waren sie darüber hergefallen und hatten ihre trägen Leiber damit vollgestopft. Ihr Gott war der Bauch (Phil 3:19). Es kann auch sein, dass Jakobus das Wort „Schlachttag“ gebraucht als Anspielung auf das Gericht, das drohend über ihren Köpfen hing. Ein Schlachttag bedeutet für ein Tier das Ende des Lebens. Diese Menschen bekommen zu hören, dass sie, während die Schlachtung des Gerichts näherkommt, fröhlich weiter feiern. An das Gericht wollen sie nicht denken.

Jak 5:6. Als Höhepunkt, oder besser als Tiefpunkt ihres egoistischen Lebensstils hält Jakobus den Reichen vor, dass sie sich am Tod gerechter Volksgenossen schuldig gemacht haben. Die haben sich dagegen nicht aufgelehnt. Jakobus kann diese Anschuldigung aussprechen, weil die Gesinnung der Reichen dieselbe Gesinnung ist, die den Herrn Jesus ans Kreuz gebracht hat. In einem Leben, das sich nur um die eigene Ehre und Befriedigung dreht, ist für Ihn kein Platz. Wo Er sich in einem solchen Leben vorstellt, um das anzubieten, was wirklich Freude gibt, wird Er verurteilt und ermordet, auch wenn Er noch so viel Gutes getan hat. Dass der Egoist keine Güte erträgt, beweist seine Schlechtigkeit und Bosheit. Damit will er nicht konfrontiert werden, und also wird er alles ausschalten, was das versucht. So handelt er mit Menschen, die ihn lediglich um den Lohn bitten, auf den sie ein Recht haben. Solche Gerechten kann er nicht ausstehen.

Das gilt vor allem für den Gerechten. Jakobus scheint doch vor allem an Ihn zu denken. Der letzte Satz, „Er widersteht euch nicht“, scheint das zu bestätigen. Der Herr Jesus hat denen, die reich an Macht und Ehre sind und die ihrer Bosheit reichlich freien Lauf ließen, nicht widerstanden. Er tat seinen Mund nicht auf, sondern ließ sich wie ein Lamm zur Schlachtbank leiten (Jes 53:7). Er ertrug alles Unrecht und leistete keinen Widerstand. Er übergab alles dem, der gerecht richtet (1Pet 2:23). Er litt als der Gerechte für die Ungerechten, damit Er alle, die das erkennen würden, zu Gott brächte (1Pet 3:18). Gegenüber aller Bosheit des Menschen leuchtet seine Vollkommenheit in allen Dingen. Sein Beispiel kann eine Ermutigung für dich sein, wenn dir Unrecht geschieht.

Lies noch einmal Jakobus 5,1–6.

Frage oder Aufgabe: Welche Warnung(en) enthält dieser Abschnitt für dich?

Geduld?

Jak 5:7. Jakobus ermahnt zur Geduld und schließt damit an den vorhergehenden Vers an. Da sahen wir, dass der Herr Jesus Leiden geduldig ertrug. Geduld können wir von Ihm lernen. In den Jak 5:7-10 kommt das Wort Geduld viermal vor. Das zeigt, wie wichtig es ist, geduldig zu sein, denn wie leicht können doch Gefühle der Ungeduld aufkommen. Geduld hast du in Umständen nötig, wo man dir ungerecht begegnet und/oder wo du keine Aussicht hast, aus diesen Umständen herauszukommen. Wenn deine Geduld ein Warten auf den Herrn ist, wird sie immer belohnt.

Bis zur Ankunft des Herrn geduldig zu sein, bezieht sich in erster Linie auf sein Kommen auf die Erde, um zu richten, Recht zu üben, gerecht zu regieren und alles zu belohnen, was für Ihn getan wurde. Als Glied der Gemeinde Gottes darfst du auch nach dem Kommen des Herrn Jesus Ausschau halten, wenn Er kommt, um die Gläubigen zu sich zu nehmen (1Thes 4:14-18). Dieses Kommen geht dem Kommen des Herrn auf die Erde voraus.

Du darfst auch mit dem Kommen des Herrn rechnen in dem Sinn, dass Er die Umstände verändert, in denen du dich befindest (vgl. Phil 4:5). Darum geht es hier zwar nicht so sehr, aber du kannst doch Trost daraus schöpfen. Du kannst darauf rechnen, dass der Herr in deine Umstände kommen will, um dir darin beizustehen, wenn du dein Herz dafür öffnest. Das wird dich davor bewahren, bei all dem Unrecht stehenzubleiben, das dir angetan wurde und dem du dich ausgeliefert fühlst. Manchmal musst du dich damit abfinden, dass sich nichts ändert. Dann darfst du doch darauf vertrauen, dass der Herr zu dir kommt, um dich zu stärken. In dieser Bedeutung hat Paulus es auch erfahren, dass der Herr zu ihm kam und ihn ermutigte (Apg 18:9). Wenn der Gedanke an das Kommen des Herrn in dir lebendig ist, wirst du erfahren, dass Er bei dir ist.

Geduld haben muss man genauso wie ein Ackerbauer, der gesät hat. Das Einzige, was er danach tun kann, ist, geduldig auf die köstliche Frucht der Erde zu warten, und das tut er daher auch. Für das Aufgehen der Saat und dass sie schließlich Frucht trägt, ist er auf den Regen des Himmels angewiesen (5Mo 11:11; 14). Den Regen erwartet er von Gott. Dein Leben ist ein Acker, auf den Gott den Samen seines Wortes gesät hat. Er will, dass Frucht für Ihn daraus hervorkommt. Er beschleunigt den Wachstumsprozess nicht, sondern bewässert den Boden mit seinem Wort. Sein Wort ist wie Regen (5Mo 32:2). Er will aus deinem Leben köstliche Frucht für sich haben. Das gilt auch für die Christenheit in ihrer Gesamtheit. Zu Beginn kam der Frühregen. Das geschah, als der Heilige Geist am Pfingsttag auf die Gläubigen ausgegossen wurde (Apg 2:1-4.). Dadurch ist die Gemeinde entstanden, die Gott dazu bestimmt hat, Frucht für Ihn zu bringen. Wenn die Gemeinde entrückt ist, wird der Heilige Geist noch einmal ausgegossen, und zwar auf den Überrest Israels (Joel 3:1; 2). Das ist die Erklärung für den Spätregen. Wenn der Überrest den Spätregen empfangen hat, wird auch er köstliche Frucht für Gott hervorbringen.

Jak 5:8. Die Geduld beim Warten steht im Gegensatz zu der sofortigen Bedürfnisbefriedigung, der die Reichen sich hingeben. Sie wollen etwas haben, und sie wollen es jetzt. Eine solche Haltung schickt sich nicht für ein Kind Gottes. Ein Kind Gottes kann nicht davon ausgehen, dass seine Wünsche sofort erfüllt werden. Es muss lernen, geduldig zu sein. Deshalb ermutigt Jakobus nach dem Beispiel des Ackerbauern noch einmal zur Geduld. Er fügt hinzu, dass sie ihre Herzen befestigen sollen, und nennt ihnen auch das Mittel dazu: das Kommen des Herrn. Er weist damit zum zweiten Mal auf das Kommen des Herrn hin. Der Gläubige wird seine Wünsche erst befriedigt finden, wenn der Herr kommt. Und sein Kommen ist nahe. Dieses Wissen gibt dem Herzen Mut, auf dem Weg des Glaubens auszuharren. Sobald du das Kommen des Herrn aus dem Auge verlierst, wirst du anfangen, dir das Leben auf der Erde so angenehm wie möglich zu machen. Als die Israeliten es satt hatten, auf Mose zu warten, wollten sie, dass ein goldenes Kalb gemacht wurde, und so verfielen sie dem Götzendienst (2Mo 32:1). In einem Gleichnis macht der Herr Jesus deutlich, dass Christen dieselbe Gefahr droht (Mt 24:48; 49).

Jak 5:9. Wenn man auf den Herrn wartet, wird das bewirken, dass wir uns gegenseitig das Leben nicht schwer machen, sondern einander im Hinblick auf dieses Kommen ermutigen und trösten. Wie leicht seufzen wir gegeneinander über das, was uns angetan wurde. Wenn wir gegeneinander seufzen, sagen wir ganz leicht Dinge, die unpassend oder sogar unwahr sind. Es kann sein, dass wir denen, die uns das Leben schwer machen, mehr anlasten, als berechtigt ist. Es kann sogar sein, dass wir Gott die Schuld an unseren Schwierigkeiten geben. Dafür werden wir dann beim Kommen dessen gerichtet werden, der im Begriff steht, als Richter zu kommen. Das Kommen des Herrn ist nicht nur ein tröstliches Ereignis, wodurch alles Unrecht, das uns angetan wurde, beendet wird. Das Kommen des Herrn hat auch zur Folge, dass jeder Mensch, auch du und ich, sich verantworten muss (2Kor 5:10).

Jak 5:10. Statt zu seufzen und uns über unsere Umstände zu beklagen, sollen wir uns die Propheten einmal ansehen und sie zum Vorbild nehmen. Wie wurden sie beschuldigt und was für Leid wurde ihnen zugefügt! Sie hatten die undankbare Aufgabe, im Auftrag Gottes dem Volk seine Sünden vorzuhalten. Das hat ihnen keinen Dank eingebracht. Das Volk verspottete und verachtete und verhöhnte sie (2Chr 36:15; 16). Welche Geduld haben sie bewiesen. Das Volk hörte nicht, sie aber fuhren fort, im Namen des Herrn zu predigen.

Jak 5:11. Wenn wir Ausharren feststellen, kommt bei uns ein wenig Bewunderung auf. Menschen, die ausharren, zeigen Charakter. Sie erreichen auch etwas. Im Glauben gilt das doppelt und dreifach. Solche, die im Glauben ausharren, zeigen, dass sie etwas besitzen, was der Mühe wert ist, es trotz aller Widrigkeiten festzuhalten. Das haben die Propheten bewiesen.

Jakobus weist auf ein weiteres bemerkenswertes Beispiel für Ausharren hin, und das ist Hiob. Was dieser Mann an Ausharren bewies, kann man ruhig einmalig nennen. Schau dir nur mal an, was er alles zu ertragen hatte. Alles, was er besaß, wurde ihm in rasender Geschwindigkeit genommen. Er verliert alle seine Kinder und auch seine Gesundheit. In dieser Situation angekommen, muss er selbst auf die Stütze seiner Frau verzichten. Als seine Hilfe hätte sie ihn auf Gott hinweisen müssen, doch stattdessen schlägt sie ihm vor, sich von Gott loszusagen. Innerhalb kurzer Zeit wird aus dem steinreichen Hiob der beklagenswerteste Mann auf der Erde (Hiob 1:1-22; Hiob 2:1-13). Die Leser dieses Briefes waren mit dem beispiellosen Leiden Hiobs vertraut. Jakobus schreibt jedoch nicht über das Leiden Hiobs, sondern über sein Ausharren. Davon hatten sie gehört, und das sollte für sie ein Anreiz sein. Wenn Hiob ausgeharrt hatte, sollten sie, die doch in geringerem Maße zu leiden hatten, dann nicht ausharren?

Jakobus fügt noch etwas hinzu. Er berichtet nicht, wie Hiob glänzend aus der schweren Prüfung hervorging. Er schreibt über das Ende des Herrn, das heißt, das Endergebnis des Handelns des Herrn mit Hiob (Hiob 42:7-17). Dadurch betont Jakobus, dass der Herr mit Hiob zum Ziel gekommen ist. Während der ganzen Zeit, als Hiob litt, auch wegen der Beschuldigungen seitens seiner Freunde, war der Herr voll innigen Mitgefühls und barmherzig im Blick auf Hiob (2Mo 34:6). Es darf uns zum Trost sein, dass, wenn wir uns verstoßen und allein und gescheitert fühlen, der Herr dann mit seinem Mitgefühl bei uns ist.

Jak 5:12. Nach diesen Beispielen für Geduld ermahnt Jakobus noch zur Geduld im Blick auf die Zunge. Er sieht einen verkehrten Gebrauch der Zunge als die größte Gefahr, denn er sagt, dass die Briefempfänger vor allem nicht schwören sollen. Wenn jemand Leiden erduldet und kein Ende absehbar ist und das Warten auf einen Ausweg sehr schwer wird, dann ist die Gefahr groß, zu schwören. Jemand kann dann beispielsweise geloben, Dinge zu tun, wenn der Schmerz erleichtert würde oder wenn die Schwierigkeit verschwände. Es kann auch Rache geschworen werden gegen die Person, die als die Ursache dieses Leidens oder jenes Problems gesehen wird. Solche Äußerungen der Zunge lassen die Gesinnung eines Herzens erkennen, das Gott nicht unterworfen ist. Das Herz stärkt sich nicht in Gott oder in der Gnade, sondern gibt der Ungeduld Raum. Man vergisst den Herrn und seine Majestät und ruft den Himmel oder die Erde oder andere Dinge an, um dem Eigenwillen Kraft zu verleihen. Das ist sehr böse, und darüber muss das Gericht kommen.

Jakobus spricht viel über Gericht. Das rührt daher, dass er das christliche Leben von der praktischen Seite her angeht und den Christen auf seine Verantwortung anspricht. Bei ihm geht es auch häufig um die Zunge. Statt kraftvolle Begriffe zu gebrauchen, sollen wir uns in üblicher Sprache mit „ja“ und „nein“ ausdrücken. Damit sollen wir nichts anderes meinen, als was wir sagen. Gott und Menschen müssen sich auf unsere Worte verlassen können.

Lies noch einmal Jakobus 5,7–12.

Frage oder Aufgabe: Wodurch wirst du schnell ungeduldig? Wie realistisch ist für dich das Kommen des Herrn?

Gebet

Jak 5:13. In den beiden ersten Versen dieses Abschnitts liest du von drei Situationen, in denen sich jemand befinden kann. Jemand kann Trübsal leiden, jemand kann guten Mutes sein und jemand kann krank sein. Das sind Situationen, die bei dem, der sich darin befindet, eine bestimmte Reaktion hervorrufen. Es geht darum, wie man auf Leiden reagiert, was man mit Gefühlen der Freude macht und wie man Krankheit erlebt. Die Welt entflieht den Leiden, sie gibt Gefühlen der Freude lautstark Ausdruck und erleidet Krankheit zähneknirschend. Der Gläubige darf ganz anders darauf reagieren. Es ist schön zu sehen, dass Jakobus in jeder der drei Situationen auf Gott als die Zuflucht für den Gläubigen verweist. Wer Trübsal leidet, darf mit seinem Leiden im Gebet zu Gott gehen. Dadurch wird er Trost erfahren (2Kor 1:3-7).

Wer Erfolg erfährt und nicht von Rückschlägen geplagt wird, darf seinen Dank dafür in Lobliedern äußern. Dadurch anerkennt er Gott als die Quelle seines Gedeihens und wird so davor bewahrt, durch seinen Erfolg Gott zu vergessen. Zwar wollen wir Leiden häufig zu Gott bringen, aber oft vergessen wir, unsere Freude mit Ihm zu teilen.

Jak 5:14. Wer krank ist, kann das den Ältesten der Gemeinde mitteilen. Das bedeutet nicht, dass Gott nichts damit zu tun hätte und der Kranke seine Gesundheit von Menschen erwartet (vgl. 2Chr 16:12), aber das ist der Weg, den Gott zeigt. Die Ältesten sind gleichsam seine Vertreter. Das heißt nicht, dass bei jeder Krankheit die Ältesten der Gemeinde gerufen werden müssten. Timotheus bekommt nicht den Rat, die Ältesten von Ephesus zu rufen, damit sie für ihn beten und ihn gesund machen. Paulus gibt ihm den einfachen Rat, ein wenig Wein zu trinken (1Tim 5:23).

Im weiteren Verlauf wird deutlich, dass es um eine ernste Krankheit geht, die auch noch die Folge einer bestimmten Sünde (oder von Sünden) sein könnte, die der Kranke begangen hat. Wenn das der Fall ist, ist durch die Krankheit die Sünde offenbar geworden. Es reicht nicht, dass die Sünden des Kranken nur ihm selbst und Gott bekannt sind. Die Krankheit ist nicht eine kleine Grippe. Das Wort, das Jakobus für „krank“ gebraucht, weist darauf hin, dass der Kranke schwach, kraftlos ist. Deutlich ist, dass der Kranke die Zusammenkünfte nicht besuchen kann, denn er muss die Ältesten zu sich rufen. Auch in dem Ausdruck, „der Herr wird ihn aufrichten“, sieht man, dass es um jemand geht, der zu Bett liegt (oder ans Haus gebunden ist), wobei ihm die Kraft fehlt, aufzustehen.

Wenn der Kranke die Ältesten zu sich gerufen hat, müssen sie über ihm beten. Nicht der Kranke muss beten. Auch müssen die Ältesten ihn mit Öl salben. Über das, was das Öl darstellt oder bewirkt, ist schon sehr viel gesagt und geschrieben worden. Einige Möglichkeiten nenne ich zum Überdenken, weil die mich selbst auch angesprochen haben. Die eine Sicht ist, dass das Öl ein gebräuchliches Heilmittel ist (vgl. Jes 1:6; Jer 8:22; Lk 10:34). Diesem Öl muss man also keine Wunderwirkung zuschreiben, genauso wenig wie dem Feigenkuchen, den man auf Hiskias Wunde legen sollte (Jes 38:21). Der Herr muss die Mittel segnen. Darum wird sein Name damit verbunden. Dass die Ältesten Öl gebrauchen, kann also als medizinische Handlung gewertet werden, die dazu diente, dem Kranken etwas Erleichterung seiner Schmerzen zu verschaffen, ohne damit die Schlussfolgerung zu verbinden, er würde genesen. Von einem religiösen Ritual ist keine Rede.

Die andere Möglichkeit ist, dass die Anwendung von Öl eine symbolische Bedeutung hat. Die Salbung hat dann die Bedeutung, jemand besonders zu ehren. So liest man, dass der Leib des Herrn (Mk 16:1) und die Füße des Herrn (Joh 12:3) gesalbt wurden. Der Herr verübelt es Simon, dass er Ihm, indem er Ihn nicht salbte, dieses Zeichen der Aufmerksamkeit vorenthielt, (Lk 7:46). Auch über diese Bedeutung des Salbens gibt es viel zu sagen. Es wird dem Kranken, der sich möglicherweise fragt, ob Gott sich wohl noch um ihn sorgt, gut tun, wenn er durch diese Salbung erfährt, dass Gott sich doch um ihn sorgt. Vielleicht kann man das Öl auch als Symbol der Vollmacht und Autorität der Ältesten sehen, um Genesung zu bitten (Mk 6:13).

Jak 5:15. Wie dem auch sei, das Gebet, und Gebet allein, bringt kranken Gläubigen den Segen Gottes, und die Anwendung von Öl ist in keiner Weise notwendig, um diesen Segen zu bekommen. Nicht das Öl bewirkt die Heilung, sondern das Gebet des Glaubens der Ältesten. Dass der Herr dieses Gebet des Glaubens erhört, ist daraus zu ersehen, dass Er den Kranken aufrichtet. Damit ist in dem Fall, dass der Kranke Sünden begangen hat, zugleich die Vergebung verbunden. Es kann keinen Segen der Heilung geben, wenn kein Bekenntnis stattgefunden hat. Darum muss ein Bekenntnis vorausgegangen sein, denn Sünden werden nur vergeben, wenn sie bekannt werden. Es geht hier um die Vergebung der Sünden durch die Ältesten. Der Kranke wird seine Sünden Gott bereits bekannt und von Ihm Vergebung empfangen haben (1Joh 1:9). Es ist auch wichtig, dass die Ältesten die Vergebung zusprechen (vgl. Joh 20:23; Mt 18:18). Als Folge davon gibt es auch eine öffentliche Wiederherstellung der Gemeinschaft mit den Gläubigen.

Jak 5:16. Veranlasst durch das Gebet am Krankenbett, zeigt Jakobus, wie nötig es ist, einander die Sünden zu bekennen, auch wenn keine Krankheit vorliegt. Einander die Sünden bekennen ist nicht die Beichte, wie die römische Kirche sie lehrt und ausübt. Bei dieser Beichte bekennt jemand seine Sünden einer Person, die nichts damit zu tun hat, und das in der angemaßten Stellung, Mittler zwischen Gott und dem Sünder zu sein. Die Aufforderung des Jakobus bezieht sich auf Situationen, wo wir gegeneinander gesündigt haben. Sünde verhindert immer den Segen Gottes. Durch Bekenntnis wird dieses Hindernis beseitigt. Wenn Sünde bekannt wird, kann der Segen wieder frei fließen, und im Fall von Krankheit können auch Genesung und Gesundheit kommen.

Es ist übrigens nicht verkehrt, jemandem Sünden zu bekennen, gegen den man nicht gesündigt hat, wenn es um seelsorgerliche Hilfe geht. Jemand kann von einer Sünde gequält werden, aber nicht recht wissen, wie er sie bekennen soll. Es kann zum Beispiel auch so sein, dass die Person, gegen die gesündigt wurde, nicht mehr lebt. Dann ist es gut, zusammen mit einer Vertrauensperson die Sünde zu bekennen und dass diese andere Person ihm (oder ihr) auch versichert, dass Gottes Vergebung feststeht, weil Gott es in seinem Wort gesagt hat.

Die Kraft des Gebets ist gewaltig. Bedingung ist jedoch, dass der, der betet, ein Gerechter ist. Mit „Gerechter“ meint Jakobus nicht jemanden, der durch den Glauben für Gott ein Gerechter ist, sondern jemanden, der als Gerechter lebt. Wenn so jemand in ernstem Gebet zu Gott kommt, kann und wird Gott darauf hören. Er braucht dann nicht erst mit dem Bittenden über Dinge zu sprechen, die in seinem Leben nicht in Ordnung sind. Ein Gerechter hat Umgang mit Gott, er ist daran gewöhnt und kennt dadurch den Willen Gottes. Du kannst ein Gerechter sein. Diesen Zustand erreichst du nicht, indem du gerecht lebst, sondern wenn dein Leben – soweit du weißt – vor Gott rein ist. Gott will dein Gebet in seine Handlungen einbeziehen. Er hört darauf und gebraucht es zur Erfüllung seiner Pläne.

Jak 5:17. Als Beispiel eines Gerechten, der ernstlich betet, führt Jakobus Elia an. Elia ist dir sehr nahe; er steht nicht über dir, obwohl du sicher zu ihm aufschauen wirst. Ich zumindest. Er ist wirklich ein Mann Gottes. Auch Elia hat seine schwachen Augenblicke gekannt. Darum steht hier, dass er ein Mensch von gleichen Empfindungen wie wir war. Deshalb kannst du auch viel von ihm lernen. Er konnte unerschrocken vor dem gottlosen König Ahab stehen, weil er sich bewusst war, dass er nicht vor Ahab, sondern vor Gottes Angesicht stand (1Kön 17:1). Er kündigte an, dass es nicht regnen würde. In dieser Ankündigung liest man nichts von einem Gebet. Das liest man hier. Jakobus berichtet, dass dieser Ankündigung Gebet vorausging.

Wie konnte Elia ein solches Gebet, das eigentlich Gericht bedeutete, aussprechen? Er kannte Gottes Gedanken, und deshalb betete er dieses bemerkenswerte Gebet (5Mo 11:16; 17). Er liebte Gottes Volk und er liebte Gott. Gott verlangte danach, dass sein Volk zu Ihm zurückkehrte, und das konnte nur geschehen, indem Er das Gericht der Trockenheit kommen ließ. Es ist ein Gebet zum Herrn, uns nicht zu segnen, damit wir fühlen, dass wir von Ihm abgewichen sind. Das Gebet Elias wurde erhört.

Jak 5:18. Nach Verlauf einer Zeit betete er erneut, und diesmal betete er um Regen. Er verstand, dass die Zeit des Segens angebrochen war, weil er das Opfer gebracht hatte und das Volk das Bekenntnis ausgesprochen hatte, dass Er, der HERR, Gott ist (1Kön 18:38; 39).

Ich kann nicht genug den Nachdruck darauf legen, wie wichtig, gerade in den letzten Tagen, das Gebet ist. Es erfordert Menschen, die Gottes Willen kennen und von der Kraft des Gebets überzeugt sind. Ich hoffe, dass du ein Beter bist. Dazu ist keine Gabe nötig, du brauchst auch an keinem Kursus teilzunehmen. Du musst einfach beten. Denke noch einmal gründlich über das Gebet Elias nach und nimm dir vor, ernstlicher zu beten.

Jak 5:19. Jakobus beschließt seinen Brief mit zwei Versen, wie jemand, der von der Wahrheit abgeirrt ist, zurückgebracht werden kann. Das ist eine gute Verbindung zu Elia. Elia war auch ein Wiederhersteller. Durch sein Gebet hat er das Volk zu Gott zurückgebracht. Auch du kannst durch Gebet jemanden zu Gott zurückbringen. Kennst du Menschen, Gläubige, die erst in ihrem Dienst für den Herrn treu waren, es aber nun mit der Wahrheit nicht mehr so genau nehmen? Wenn sie so weitermachen, werden sie sterben. Du kannst so jemanden von diesem Irrweg zurückbringen, indem du für ihn betest. Wenn du auf diese Weise im Gebet für den betreffenden Verirrten eintrittst, kann der Herr dir auch klarmachen, ob du ihn aufsuchen und wie du mit ihm sprechen sollst.

Jak 5:20. Wenn du ihn zurückbringst, rettest du ihn vom Tod und bedeckst auch eine Menge von Sünden. Er wird zur Buße kommen und seinen verkehrten Weg bekennen. Dann darf er erneut wissen, dass alle seine Sünden vergeben sind, dass sie in die Tiefen des Meeres geworfen sind. Wenn du den Irrenden zurückbringst, verhinderst du auch, dass er noch weiter unter die Macht der Sünde gerät. Auch in diesem Sinn hast du dafür gesorgt, dass eine Menge von Sünden bedeckt ist, weil sie gar nicht erst begangen wurden. Ich hoffe von Herzen, dass du den Wunsch hast, dass das Volk und auch der Einzelne zu Gott zurückkehren.

Lies noch einmal Jakobus 5,13–20.

Frage oder Aufgabe: Bete ernstlich für die Wiederherstellung von abgeirrten Gläubigen.

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